„Sucht- und Gewaltprävention“ (Faustlos)

 

Für die Erlangung des Teilzertifikats „Sucht- und Gewaltprävention“ im Rahmen der „Gesundheitsfördernden Schule, führen wir an unserer Schule das Gewaltpräventionsprogramm „Faustlos“ ein.

1. Worum geht es?

Faustlos ist ein für die Arbeit im Kindergarten und in der Grundschule entwickeltes Curriculum zur Prävention von aggressivem und gewaltbereitem Verhalten bei Kindern.

2. Was ist Faustlos?

Faustlos vermittelt Kindern prosoziale Verhaltensfertigkeiten, indem es sie in ihrer Empathiefähigkeit und in ihrer Impulskontrolle fördert und Modelle für Problemlösungen und den Umgang mit Ärger und Wut anbietet.

Faustlos vermittelt die entsprechenden Fertigkeiten in drei Einheiten:

2.1 Empathietraining I

Empathie lässt sich beschreiben als die Fähigkeit, den eigenen und den emotionalen Zustand eines anderen Menschen bestimmen, die Perspektive einer anderen Person übernehmen und auf eine andere Person emotional reagieren zu können.

Da der Empathiefähigkeit eine zentrale Bedeutung in der Entwicklung von prosozialem Verhalten und  bei der Anwendung von interpersoneller Problemlösestrategien zukommt, bildet das Empathietraining die Basis von Faustlos.

Es ist bewiesen, dass Empathie erlernbar ist. Dementsprechend lernen Kinder aus Kindergarten und Grundschule im Empathietraining:

• aus einer Reihe von physischen und situativen Anhaltspunkten Gefühle zu identifizieren;

• wahrzunehmen, dass Menschen unterschiedliche Gefühle in Bezug auf die gleiche Sache haben können;

• wahrzunehmen, dass Gefühle sich ändern und warum das so ist;

• Gefühle vorhersagen zu können;

• zu verstehen, dass Menschen unterschiedliche Vorlieben und Abneigungen haben;

• gezielte von ungezielten Handlungen zu unterscheiden;

• Gefühle durch die Verwendung von „Ich-“ Botschaften mitzuteilen und über aktives Zuhören zu erfassen;

• Sorge und Mitgefühl für andere auszudrücken.

2.2 Impulskontrolle II

Die Impulskontrolle ist eine wesentliche Fähigkeit zur Reduktion impulsiven und aggressiven Verhaltens. Mit der Vermittlung eines Problemlöseverfahrens und mit dem Training sozialer Verhaltensfertigkeiten verbindet Faustlos zwei Strategien, die Kinder in der Entwicklung der Impulskontrolle fördern.

Faustlos vermittelt das Problemlöseverfahren in fünf Schritten:

• Schritt 1: Was ist das Problem?

• Schritt 2: Welche Lösungen gibt es?

• Schritt 3: Frag dich bei jeder Lösung:

– Ist sie ungefährlich?

– Wie fühlen sich die Beteiligten?

– Ist sie fair?

– Wird sie funktionieren?

• Schritt 4: Entscheide dich für eine Lösung und probiere sie aus.

• Schritt 5: Funktioniert die Lösung? Wenn nicht, was kannst du jetzt tun?

Die einzelnen Schritte werden in Faustlos systematisch nacheinander erarbeitet.

Im ersten Schritt lernen die Kinder, Probleme anhand mimischer, gestischer und situativer Hinweise zu beschreiben. Dabei kommt es darauf an, die Problemstellung neutral bzw. so zu formulieren, dass die Perspektive aller an dem Problem beteiligten Personen darin zum Ausdruck kommt.

Im zweiten Schritt lernen die Kinder die Methode des Brainstormings kennen. Das Brainstorming dient der Entwicklung von Lösungsmöglichkeiten. Hier ist zunächst nicht die Art oder Qualität der Lösungsvorschläge entscheidend. Wichtig ist, dass die Kinder lernen, möglichst viele Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln, ohne bereits zu bewerten.

Um die Auswertung der gefundenen Lösungen anhand von vier Fragen geht es erst im dritten Schritt.

Der vierte Schritt verlangt von den Kindern die Entscheidung für eine Lösung, die sie auf der Grundlage der Informationen aus ihrer Auswertung treffen sollen.

Im fünften Schritt überprüfen die Kinder die Wirksamkeit der jeweiligen Lösung und reflektieren den Problemlöseprozess. Falls die gewählte Lösung nicht den gewünschten Erfolg zeigt, setzt der Problemlöseprozess wieder beim zweiten Schritt ein.

Das Training sozialer Verhaltensfertigkeiten

Das Training von Verhaltensfertigkeiten soll Kindern ermöglichen, sich in sozialen Situationen angemessen und erfolgreich verhalten zu können. Die entsprechenden Lektionen enthalten Problemsituationen, zu deren Lösung das erlernte Problemlöseverfahren angewendet werden soll.

Dabei erlernen die Kinder bestimmte Verhaltensfertigkeiten. So soll z. B. in einer Lektion das Problem gelöst werden, das sich einem Kind stellt, wenn es mit einem Spielzeug spielen möchte, mit dem gerade ein anderes Kind spielt.

Dazu werden zunächst die Problemlösefragen gestellt und beantwortet. Nach der Auswertung der Lösungsvorschläge entscheiden die Kinder sich im vierten Schritt für das „Teilen“. Zusammen mit den Kindern werden nun konkrete „Verhaltensschritte für das Teilen“ entwickelt. In einem anschließenden Rollenspiel soll das Gelernte umgesetzt werden.

Die angestrebten Verhaltensfertigkeiten zur Impulskontrolle beispielsweise für die Grundschulkinder sind:

• bei etwas mitmachen / mitspielen;

• Ablenkungen und Störungen ignorieren;

• jemanden höflich unterbrechen;

• jemanden freundlich um Hilfe bitten;

• etwas haben wollen, was einem nicht gehört;

• ein Spiel spielen;

• um Erlaubnis fragen;

• sich entschuldigen;

• mit dem Druck von Gleichaltrigen umgehen;

• der Versuchung zu stehlen widerstehen;

• der Versuchung zu lügen widerstehen.

2.3 Umgang mit Ärger und Wut III

In dieser Einheit werden Techniken zur Stressverminderung vermittelt.

Sie zielen darauf ab, die Wahrnehmung der Auslöser von Ärger mit dem Gebrauch positiver Selbst-Verstärkungen und mit Beruhigungstechniken zu verbinden. So können Wutanfälle verhindert werden, und die Kinder haben die Möglichkeit, über den Vorfall nachzudenken, der den Ärger ausgelöst hat.

Für den Umgang mit Ärger und Wut lernen die Kinder folgendes Verfahren:

1. Wie fühlt sich mein Körper an?

2. Beruhige dich:

• Hole dreimal tief Luft.

• Zähle langsam rückwärts.

• Denke an etwas Schönes.

• Sage: ”Beruhige dich“ zu dir selbst.

3. Denke laut über die Lösung des Problems nach.

4. Denke später noch einmal darüber nach.

Im ersten Schritt lernen Kinder, körperliche Anzeichen für Ärger und Wut zu identifizieren bzw. Ärgergefühle auf der Basis körperlicher Empfindungen zu erkennen und auszudrücken.

Der zweite Schritt dient der Reduktion der Ärgergefühle durch vier aufeinander folgende Beruhigungstechniken. Die Ärgerreduktion ist die Voraussetzung für den nächsten Schritt, in dem die Kinder das Problemlöseverfahren (siehe Impulskontrolle) anwenden.

Abschließend wird der Prozess reflektiert.

Wie in der Einheit II das Problemlösen, so eignet sich auch dieses Verfahren zum Umgang mit Ärger und Wut zur Vermittlung spezifischer Verhaltensfertigkeiten.

Das sind beispielsweise in der Grundschule:

• sich aus einem Kampf heraushalten;

• Umgang mit Hänseleien und Neckereien;

• Umgang mit Kritik;

• Umgang mit Enttäuschungen;

• Umgang mit Vorwürfen;

• sich beschweren;

• Konsequenzen akzeptieren.

3. Wie wird Faustlos unterrichtet?

Faustlos wurde sowohl für den Kindergarten als auch für die Grundschule entwickelt.

Das Curriculum für die Grundschule besteht aus insgesamt 51 Lektionen, sieht aber für jede Klassenstufe spezifische und von den Inhalten immer komplexer werdende Lektionen zur Empathie, Impulskontrolle und zum Umgang mit Ärger und Wut vor.

Diese Differenzierung gewährleistet eine kontinuierliche Vermittlung sozialer Fertigkeiten.

4. Vertiefung der Fähigkeiten  und Übertragung des Gelernten

Für den Erfolg von Faustlos ist es notwendig, dass die Kinder lernen, die erworbenen Fertigkeiten in realen Situationen anzuwenden. Deshalb sollen die gelernten Fähigkeiten im Anschluss an die Lektion über den Tag hin weiter vertieft, verstärkt und auch auf andere Situationen übertragen werden.

Faustlos bietet den Lehrerinnen und Erzieherinnen einen einfachen Drei-Schritte-Plan an, um die Kinder dabei zu unterstützen, die neu erworbenen Fähigkeiten auf reale Gegebenheiten zu übertragen:

1. Den Tag vorphantasieren: Zu Beginn des Tages sollte mit den Kindern zusammen überlegt werden, bei welchen Gelegenheiten während des Tages sie bestimmte Fertigkeiten des Curriculum anwenden können.

2. Verstärkung des Verhaltens: Während des Tages soll das neue Verhalten von den Erzieherinnen bzw. Lehrerinnen wahrgenommen und verstärkt werden.

3. Den Tag Revue passieren lassen: Am Abschluss des Tages sollte mit den Kindern darüber gesprochen werden, ob und wann sie gelernte Fähigkeiten angewendet haben und welche Erfahrungen sie dabei gesammelt haben.

Dies sollte ebenfalls im Elternhaus fortgeführt werden, bzw. die Strategien zur Beruhigung, Problemlösung etc. sollten angewandt werden.